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Erster Monitoring-Bericht über den Stand der digitalen Barrierefreiheit

Dokument Erster Monitoring-Bericht über den Stand der digitalen Barrierefreiheit

Dokument - Info:
  • Anspruch: vertiefen
  • Aufwand: über 15 Minuten
  • Zielgruppe: Entwicklung
Zeichnung einer Barriere in Form einer Absperrung

Hintergrund

Die Anforderungen der EU-Webrichtlinie sind in Deutschland unter anderem in der Barrierefreien-Informationstechnik-Verordnung (BITV) umgesetzt. Konkretisiert werden die technischen Anforderungen in dem Standard EN 301 549. Ergänzend gibt es Durchführungsbeschlüsse, die die Bereitstellung einer Barrierefreiheitserklärung regeln sowie das hier betrachtete erstmalig durchgeführte Monitoring in den Mitgliedsstaaten.

Vorgehen

Betrachtet wurden beim ersten Monitoring im Zeitraum 1. Januar 2020 bis 22. Dezember 2021:

  • 1762 Webauftritte mit der Methode der vereinfachten Überwachung,
  • 130 Webauftritte mit der Methode der eingehenden Überwachung,
  • 57 mobile Anwendungen mit der Methode der eingehenden Überwachung sowie
  • 65 manuelle Prüfungen von Dokumenten im Rahmen der eingehenden Überwachung

Dabei wurden laut BFIT bei der vereinfachten Überwachung von Webauftritten von den 91 gesetzlich festgelegten Anforderungen, die erfüllt sein müssen, damit ein Webauftritt als barrierefrei gilt, mindestens 24 und höchstens 54 Anforderungen geprüft. Dabei wurden bei den mindestens 24 zu prüfenden Anforderungen vier Zusatzanforderungen im Rahmen einer „Sonderüberwachung“ geprüft. Dazu zählten:

  • die technisch automatisierte Prüfung des UA-Standards eines PDF-Dokumentes,
  • das Vorhandensein der Erklärung zur Barrierefreiheit,
  • das Vorhandensein von Inhalten in Leichter Sprache sowie
  • das Vorhandensein von Inhalten in Deutscher Gebärdensprache.

Ergebnisse

Die Bewertungsmethode der Anforderungen ist hier sehr streng durch das Testverfahren vorgegeben, da bereits bei Nicht-Konformität mit einem der in der Webrichtlinien vorgegebenen 50 Kriterien das gesamte Angebot als nicht barrierefrei gilt. Daher stellt das BFIT in seinem Bericht fest:

„In diesem Zusammenhang lässt sich feststellen, dass kein Webauftritt und keine mobile Anwendung gleichzeitig alle der geforderten Anforderungen erfüllen konnte. Jedoch bedeutet dies nicht, dass die getesteten digitalen Objekte nicht nutzbar wären. Auch wenn einzelne Anforderungen nicht erfüllt werden, so sind in der Regel die Webauftritte und mobilen Anwendungen weiterhin gut nutzbar. Auch betreffen einzelne Anforderungen spezielle Nutzergruppen. Die vorgefundene Nicht-Erfüllung einzelner Anforderungen ist folglich sehr konkret und gibt wichtige Hinweise, wie die vorgefundenen Barrieren beseitigt werden können. Somit kann eine vollständige Barrierefreiheit und Konformität in der Regel gut hergestellt werden.“

Zu den am häufigsten verletzten Anforderungen zählte unter anderem, dass:

  • Informationen nur visuell verfügbar waren und damit z.B. für Nutzende von Screenreadern nicht verfügbar waren
  • keine korrekte Syntax verwendet wurde, was ebenfalls zu Problemen bei der Kompatibilität mit unterschiedlichen Hilfsmitteln führen kann, wenn z.B. der HTML-Standard verletzt wird,
  • Angebote nicht tastaturzugänglich waren, also für Personen, die keine Maus nutzen können, nicht bedienbar sind,
  • nicht ausreichende Kontraste verwendet wurden,
  • Nicht-Text-Inhalte bei Dokumenten nicht beschrieben und damit für Menschen mit Seheinschränkungen nicht wahrnehmbar waren

Die EU-Mitgliedsstaaten legen alle drei Jahre einen Bericht über die Ergebnisse der Überwachung der digitalen Barrierefreiheit vor. Auch in dem für die Förderung der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung wichtigen Onlinezugangsgesetz (OZG) ist Barrierefreiheit eine Anforderung an die digital umzusetzenden Verwaltungsleistungen von Bund und Ländern. Im privaten Bereich wurde mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in 2021 die EU-Richtlinie 2019/882 über die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen umgesetzt, die unter anderem zukünftig die Barrierefreiheit im Online-Handel regelt. Für eine uneingeschränkte berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ist die digitale Barrierefreiheit aufgrund der zunehmenden Digitalisierung in der Arbeitswelt von zentraler Bedeutung.

Die vorliegenden Berichte aller EU-Mitgliedsstaaten sind auf der Webseite der Europäischen Kommission in der jeweiligen Landessprache und in einer automatischen englischen Übersetzung verfügbar. Einen groben Überblick über die Ergebnisse und angewendeten Methoden gibt dieser Artikel. Eine detaillierte Auswertung der ersten europaweiten Monitoringphase und der Wirksamkeit der EU-Webrichtlinie und der dazugehörigen Durchführungsbeschlüsse gibt die entsprechende erste Evaluation der Richtlinie (Stand: 7.12.2022). In der Evaluation wurde beispielweise festgestellt, dass nicht alle Mitgliedsstaaten in der ersten Monitoringphase geprüft haben, ob die betrachteten Webseiten und Apps Konformitätserklärungen besitzen, und ob diese mit den Testergebnissen übereinstimmen. Ohne eine Konformitätserklärung, also eine Erklärung zur Barrierefreiheit, ist ein ansonsten barrierefrei gestaltetes digitales Angebot, nicht konform mit der Richtlinie (beziehungsweise mit der BITV) und daher auch nicht vollständig barrierefrei.

Die vollständigen Ergebnisse des ersten durchgeführten Monitorings sind in dem umfangreichen „Bericht der Bundesrepublik Deutschland an die Europäische Kommission über die periodische Überwachung der Einhaltung der Barrierefreiheitsanforderungen von Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen gemäß Artikel 8 der Richtlinie (EU) 2016/2102 von Webauftritten und mobilen Anwendungen“ beim BFIT-Bund online verfügbar: